Frauke Roth
In Hamburg geboren, studierte Frauke Roth Querflöte in Freiburg und London. Ab 1998 managte sie das Ensemble Oriol Berlin und fusionierte es mit dem Potsdamer Persius Ensemble. 2015 wurde sie Intendantin der Dresdner Philharmonie und entwickelte den sanierten Kulturpalast seit seiner Wiedereröffnung 2017 zum Erfolgsmodell. Im Zentrum steht dabei der neue Konzertsaal des Orchesters. Frauke Roth ist Mitglied der Deutschen Konzerthauskonferenz und seit 2024 Kuratoriumsmitglied des Friedenspreis Dresden – International Peace Prize.
Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.
Urworte, orphisch —Johann Wolfgang von Goethe
Gefragt, was ich zum Thema Zukunft zu sagen habe, komme ich in tiefes Nachdenken. Schnell allerdings wird mir klar, dass der Gedanke an die Zukunft spontan zahlreiche Bergab-Assoziationen hervorruft. Gerade in jüngster Zeit haben sich die Aussichten verdunkelt, sind Perspektiven, die wir zumindest in Europa lange für gegeben hielten, infrage gestellt worden. Ich muss das alles kaum ausführen, gibt es dazu doch genug Äußerungen und Debatten aller Art im Alltag, in Bildung, Kultur, Kirchen und Politik.
Als Mensch, als Mutter, als Kulturmanagerin, als Künstlerin stelle ich allerdings gleichzeitig fest: Es ist für mich ausgeschlossen, dass ich mich nicht drehe, um bergauf zu gehen! Wo aber sind die Quellen der Hoffnung, der Motivation dafür, sich beherzt zu engagieren für unsere gemeinsame Zukunft?
An erster Stelle stehen dabei die Kinder. Unser aller Kinder, die jungen Menschen weltweit. Für sie müssen wir, was wir für wertvoll halten, präsentieren und anbieten, was auch ihnen Sinn und Kraft geben kann.
In meinem Fall, qua persönlicher Geschichte, Ausbildung und Beruf, ist es ganz stark die Kunst, insbesondere die Musik, die mir Substanz gibt. In den musikalischen Welten, die in den vergangenen Jahrhunderten geschaffen wurden und weiter geschaffen werden, kondensiert sich vieles von dem, was das Menschsein ausmacht, was Menschen denken, träumen, mitteilen, teilen, erleben, fühlen und hoffen können. Diese Werke sind zum Glück einfach da und können auch ohne Vorbildung wahrgenommen werden. Neue Formen von barrierefreien Veranstaltungen, die keine Abstriche an der Qualität der Inhalte machen, können dabei für die Zukunft mutiges und realistisches Zutrauen säen.
Das dürfen wir unseren Kindern nicht vorenthalten. Bildung und Kunst geben die Chance, Neues zu sehen, zu entdecken und vollkommen andere Positionen zu beziehen. Dabei entstehen eigene Perspektiven und Gehalt. Über die Kunst, die Musik sind die Menschheitsfragen angesprochen – sie werden aber möglicherweise ganz anders beantwortet, als wir bisher dachten.
Auf der anderen Seite sind die jungen Menschen selbst, die mitten in ihrer Entwicklung stehen. Wie können wir ihnen ausreichend Chancen eröffnen? Wie kann jedes Kind seinen Weg finden? Vielleicht kann man das eine weitere Quelle der Motivation nennen: die Individualität jedes einzelnen Menschen. Jeder und jede hat andere Talente. Es kommt darauf an, sie aufleuchten zu lassen. Schaffen wir Räume, sodass jeder, der mag, selbst fühlt und erkennt, wo es anfängt zu brennen.
So wichtig im richtigen Moment Disziplin und Dranbleiben sind, so sehr ein Curriculum, ein Kanon stärkend und auch gemeinschaftsbildend sein kann, so sehr brauchen junge Menschen Wege zu ihrem eigenen inneren Gesetz: als Geschenk, als Chance, als Aufgabe, als Gefäß und Struktur für Inspirationen und prägende Erfahrungen.
Wir werden uns noch lange und immer wieder um die Zukunft sorgen. Hier tröstet mich Sisyphos, den man sich wahrscheinlich wirklich als glücklichen Menschen vorstellen kann.
Wollen wir die nächsten fünfundzwanzig Jahre gemeinsam mit Sisyphos bergauf gehen?
Es wird weitergehen!
In Hamburg geboren, studierte Frauke Roth Querflöte in Freiburg und London. Ab 1998 managte sie das Ensemble Oriol Berlin und fusionierte es mit dem Potsdamer Persius Ensemble. 2015 wurde sie Intendantin der Dresdner Philharmonie und entwickelte den sanierten Kulturpalast seit seiner Wiedereröffnung 2017 zum Erfolgsmodell. Im Zentrum steht dabei der neue Konzertsaal des Orchesters. Frauke Roth ist Mitglied der Deutschen Konzerthauskonferenz und seit 2024 Kuratoriumsmitglied des Friedenspreis Dresden – International Peace Prize.