Über die Zukunft unserer (Arbeits-)Welt – Ein Plädoyer
Eda Topyürek
Eda Topyürek konnte in ihrer Laufbahn eine Vielfalt an Erfahrungen sammeln: vom Kulturamt Nürnberg hin zur externen Hochschulpolitik, einen Schwenker in den Museumsbetrieb nehmend, über das Generalkonsulat New York, das Stiftungswesen, drei bis vier Vereine, um letztendlich von der Kultur zur Unternehmensberatung zu wechseln. Zur Aufgabe hat sie sich vor allem die Verbesserung gesellschaftlicher Bedingungen gemacht und setzt sich als Innovations- und Transformationsberaterin für bundespolitische Projekte und das Vorantreiben von Diversitäts- und Inklusionsthemen ein.
Über unsere vermeintliche Zukunft finden sich abertausende Artikel. Die einen malen sie rosiger als einen Barbie-Film, die anderen erinnern eher an ein Skript aus „Black Mirror“.
Ob man die Welt nun durch die Gläser eines Optimisten oder Pessimisten sieht, man kommt nicht umhin, sich zu fragen, wie sich unsere zukünftige Welt entwickeln wird; vor allem nicht nach all den Umbrüchen, die wir zurzeit erleben.
Als sogenannter Millennial (bzw. wird mein Jahrgang mittlerweile als Zillennials bezeichnet, da wir wohl weder echte Millennials noch Gen Z sind) habe ich beide Welten erleben dürfen. Eine Welt, in der man noch auf das heilige Wissen der Lehrerinnen und Lehrer vertraut hat, sowie eine Welt, in der plötzlich die Makellosigkeit und Schönheit von Selfies exponentiell wichtiger wurde als das eben erwähnte Wissen. Ich habe das Kommen (und das ein oder andere Gehen) von CDs, Walkmans, Facebook, Instagram und TikTok beobachtet und manchmal auch gemieden. Meinen ersten Vollzeitjob habe ich während der Coronapandemie begonnen und bin dadurch quasi als Homeoffice-Mitarbeiterin groß geworden.
Wenn es nun um unsere Zukunft und insbesondere die Zukunft der Arbeit geht, rückt meine Generation und die mir nachkommende plötzlich signifikant ins Rampenlicht. In der Medienlandschaft ist ein steter Strom von Anschuldigungen, Vorwürfen und Behauptungen zu finden. Die Gen Z habe zu hohe Ansprüche, sie sei eine Fußduschen- und Yogamatten-Generation, die nicht wisse, was es bedeute, hart zu arbeiten und Dinge einfach mal auszuhalten.
Aber ist die Welt wirklich nur schwarz und weiß? Boomer arbeiten effektiv und den ganzen Tag, ohne sich zu beschweren, wissen noch, was harte Arbeit bedeutet und die junge Generation trinkt ihren Iced Matcha Latte auf ihrem Altbaubalkon am liebsten auf Kosten des Unternehmens? Oder ist die Welt vielleicht doch schattierter, als es auf den ersten Blick scheint?
Die Gen Z stellt unsere Arbeitswelt regelrecht auf den Kopf. Und ist diese „Beinahe-Revolution“ der Arbeitswelt nicht schon lange vonnöten gewesen? Wie lange haben wir vor uns hin gemurmelt, „das haben wir schon immer so gemacht“, und von Generation zu Generation die Überzeugung weitergetragen, dass harte Arbeit sich auszahlt, dass wir uns nur lang genug anstrengen müssen, um hoch aufzusteigen und viel Geld zu verdienen.
Nur, dass genau das nicht mehr der Fall ist.
Viele von uns studieren, gehen nebenbei arbeiten, lassen sich in ihrem ersten und – seien wir ehrlich – auch in ihren darauffolgenden Jobs so niedrig ausbezahlen, dass wir uns mit dem Verdienst unseren Traum von einem eigenen Fahrrad erfüllen können, aber von einem Eigenheim ganz weit entfernt sind. Wo früher harte Arbeit noch mit dem Kauf eines Einfamilienhauses belohnt wurde, kann man fast schon von Reichtum sprechen, wenn mit den derzeitigen Gehältern gerade so die Miete und BAföG-Schulden (ab)bezahlt werden können. Wir verdienen faktisch das Doppelte unserer Eltern und können uns nur noch die Hälfte leisten.
Wenn man sich nun mit seinem Gehalt nicht mehr die Sachen leisten kann, die für unsere Eltern und Großeltern noch selbstverständlich waren – dann stellt sich doch die berechtigte Frage: Wofür das alles? Und wenn wir ehrlich sind: Nicht alle können auf diese Frage eine halbwegs sinnvolle Antwort geben. Vielleicht ist daher eben genau das die Frage, die wir uns alle stellen sollten.
Geld war schon immer als Tauschmittel gedacht. Ich gehe arbeiten, ich verdiene Geld, ich sichere mich, meine Zukunft und die meiner Liebsten ab. Wenn ich das plötzlich nicht mehr kann, verliert das Arbeiten seinen bisherigen Stellenwert. Warum seine Freunde nicht sehen, auf seine Hobbys verzichten, Konzerte verpassen und die Wochenenden vor Erschöpfung durchschlafen, um knapp über die Runden zu kommen? Um jemand anderem zu mehr Geld zu verhelfen und sich davon gerade so den nächsten Urlaub leisten zu können?
Es geht nicht darum, ob wir faul sind oder nicht – es geht darum, den Status quo zu hinterfragen. Seit Jahren Festgesetztes neu zu denken und bei Bedarf umzukrempeln. Auszubrechen aus einem Kreislauf, der meistens nur im Burn-out endet.
Die Arbeit muss getan werden, das steht nicht zur Debatte. Und dass einige der jetzigen Generation von den gefürchteten Helikoptereltern dann doch ein wenig zu sehr betütelt wurden und in der harten Arbeitsrealität erst mal erwachsen werden müssen, ist leider auch ein Teil der Wahrheit. Aber statt uns gegenseitig vorwurfsvoll anzuklagen, sollten wir gemeinsam darüber nachdenken und entscheiden, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen. Welche Form von Arbeit ist essenziell, was schadet unserer Umwelt eher, als dass es ihr und uns hilft? Welche Berufe braucht es im Jahr 2050 eventuell nicht mehr, welche müssen wir neu erfinden? Wie können wir das Wirtschaften und die globalen Arbeitsstrukturen neu denken und definieren?
Ich bin der festen Überzeugung, dass keiner auf seinem Totenbett denkt, „wie schön, dass ich so viel gearbeitet habe“, viel eher denken wir an all die schönen und gemeinsamen Momente bzw. an das Erlebte, das ein Leben lebenswert macht. Und eventuell an eben jene schönen Dinge, die wir durch das zu viele Arbeiten leider doch verpasst haben.
Unser Leben sollte aus Muße, Kreativität und Liebe bestehen. Wir sollten Zeit haben und uns diese nehmen können für unsere Mitmenschen, für Momente voller Freude und Innigkeit. Denn es sind genau diese Augenblicke, die unser Leben lebenswert machen, unserem Leben seine Besonderheit verleihen. So plattitüdenhaft das auch klingen mag: Schauen Sie auf ihr Leben zurück und denken Sie an die Momente, die Ihr bisheriges Leben tatsächlich ausmachen.
Um mit einem kurzen Schlusswort zu enden. Lasst uns nicht aufeinander sauer sein und ganze Generationen verteufeln. Lasst uns innehalten, über den Wert von Arbeit nachdenken und überlegen, wie wir unsere Zukunft neu strukturieren und besser machen können.
Zum Wohle aller.
Eda Topyürek konnte in ihrer Laufbahn eine Vielfalt an Erfahrungen sammeln: vom Kulturamt Nürnberg hin zur externen Hochschulpolitik, einen Schwenker in den Museumsbetrieb nehmend, über das Generalkonsulat New York, das Stiftungswesen, drei bis vier Vereine, um letztendlich von der Kultur zur Unternehmensberatung zu wechseln. Zur Aufgabe hat sie sich vor allem die Verbesserung gesellschaftlicher Bedingungen gemacht und setzt sich als Innovations- und Transformationsberaterin für bundespolitische Projekte und das Vorantreiben von Diversitäts- und Inklusionsthemen ein.